Rezension
Ludwigsburger Kreiszeitung - Leseecke - 15. September 2005

Bestürzend und fesselnd zugleich

Ein schönes Buch ist es nicht, das Axel Altenburg da geschrieben hat. Dennoch ist "Stinkehose" ein gutes Buch. Eines, das fesselt, das man, trotz der anfangs so ungewohnten und nicht ganz leicht zu lesenden Sprache, nicht mehr aus der Hand legen will. Der Stoff, aus dem Altenburg seinen Roman gemacht hat, ist bestürzend. Es geht um nichts anderes als um verwahrloste und missbrauchte Kinder und ihre völlig überforderten Eltern. Ein Stoff voller Aktualität also, denkt man nur an das Schicksal der kleinen Jessica, deren Eltern derzeit wegen Mordes an ihrer Tochter vor Gericht stehen.
Altenburg erzählt aus eigener Erfahrung. Er schildert in drastischen Worten, in einer überaus deutlichen Sprache von seiner eigenen Kindheit, seiner Jugend in einem Milieu, das viele von uns allenfalls von weitem zu sehen bekommen. Hier geht es um gesellschaftliche Außenseiter, um Alkoholismus und Arbeitslosigkeit, um die unterste Stufe auf der Gesellschaftsleiter im Berlin der 60er- und 70er-Jahre.
Es geht um eine Familie, die schließlich sogar im Obdachlosenasyl landet. Es geht um bitterste Armut in einem reichen Land. Um Kinder, die Angst haben, die Hunger haben, die niemals wissen, wie es am nächsten Tag weitergehen soll - Kinder, die kaum eine Chance haben, aus diesem Teufelskreis der Armut und Abhängigkeit jemals auszubrechen.
Die Eindringlichkeit der Schilderung zeichnet Altenburgs Debütroman aus. Und doch schreibt er ohne jede Larmoyanz. Und das ist nur eine der Besonderheiten dieses lesenswerten Milieuberichts.

Bernhard Lepple