Rezension
Stuttgarter Nachrichten - Querschnitt - 18. Februar 2006

Armut stinkt

Im Obdachlosenheim leben Trinker, Schläger, Penner. Aber Kinder? In Deutschland? Das gibt's doch gar nicht. Gibt es doch. Axel Altenburg erzählt in seinem Debütroman über eine Kindheit in Berlin, die so erbärmlich, so erbarmenswert ist, dass man die Wahrheit vor den Schulkameraden verbergen muss. Denn Armut grenzt aus. Und sie stinkt - nach Bier, kaltem Rauch und ungelüfteten Räumen, nach Schweiß, Urin und verfaulenden Zähnen. Wie der Vater säuft und prügelt, wie die Mutter völlig überfordert zur Mittäterin wird, stellt Altenburg nüchtern und klar dar, ohne anzuklagen. Dabei hätte er allen Grund dazu. Denn die Geschichte des sozialen Abstiegs ist seine eigene. Statt in Selbstmitleid zu vergehen, kämpft er. Den Verlierern und Verlassenen lässt er ihre Würde. Altenburg berichtet aus dem wirklichen Leben. Nicht zuletzt darum ist sein Buch bewegend und wichtig.

Bettina Hartmann